Im 2. Artikel zum Thema Glück untersuche ich was Glück mit Neid und Empathie zu tun hat und ob sich aus unserem Glück Verantwortung für andere ableitet. Außerdem könnt Ihr zwei Glückslisten bewundern und mit mir über Zufriedenheit nachdenken.

Wir haben eine Glücks-Kultur

Wie wichtig Glück uns ist zeigt die Glücksforschung. Die längste Studie startete 1937 und läuft immer noch. George Vaillant, Psychiatrieprofessor aus Harvard, leitet sie seit 42 Jahren.

Vaillant fand heraus: Das Wichtigste sind Beziehungen. Glückliche Menschen essen gesund, rauchen nicht, trinken Alkohol in Maßen, leben bis zur Lebensmitte in einer stabilen Beziehung und sind auch im Ruhestand aktiv.

Glück, das ist eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis. Ernest Hemingway

Lauter vierblättrige Kleeblätter

Wir wünschen einander Glück zum Geburtstag, zu Prüfungen oder für eine sichere Reise. Das ist fester Bestandteil unserer Kultur. Wir verschenken deswegen auch gerne Glückssymbole:

Vierblättriges Kleeblatt: Eines zu finden bedeutet Glück, da sie selten sind. Früher wurde es in die Kleidung eingenäht um Reisende zu beschützen.

Schwein: Das Schwein symbolisiert seit hunderten von Jahren Stärke, Fruchtbarkeit und Wohlstand. Wer im Mittelalter ein Schwein besaß war reich. Wir sagen heute noch: „Du hast Schwein“, wenn jemand Glück hat.

Hufeisen: Die Römer haben das Hufeisen zum Schutz der Pferde erfunden. Eisen war kostbar und deswegen brachte es Glück eines zu finden. Es wurde oft über dem Haus- oder Stalleingang befestigt, als Schutz vor dem Teufel und bösen Geistern.

Glück als Verkaufsmethode

Marketingexperten nutzen diese Glückskultur um uns Produkte mit einem Glücksversprechen zu verkaufen: Das Titelbild zeigt den Deckel eines Marmeladenglases, im Bild unten wird Balsamico Essig angeboten, eine populäre Zeitschrift hat den Namen Happiness.

Gesehen im Supermarkt, keine bezahlte Werbung

Einiges im Zusammenhang mit Glück macht mich nachdenklich. Folgende Fragen habe ich mir gestellt und ich bin gespannt auf Eure Meinung.

  1. Sollen wir unser Glück teilen?
  2. Werden wir glücklich, wenn wir andere glücklich machen?
  3. Bedeutet persönliches Glück Verantwortung?

Der Neidfaktor

Geteiltes Glück ist doppeltes Glück. Erzählen wir anderen von Dingen, die uns glücklich machen, teilen wir ein gutes Gefühl. Schön ist, wenn sich unser Gegenüber auch darüber freuen kann. Es besteht aber die Gefahr, dass er sich ausgeschlossen fühlt.

Ich bekomme im Freundeskreis manchmal mit, dass glückliche Ereignisse nicht geteilt werden. Der Grund dafür ist die Angst Neid hervorzurufen.

Der Grad zwischen Glück mit-teilen und prahlen kann schmal sein

Mein Neidmuskel ist glücklicherweise unterentwickelt. Ich freue mir gerne ein Loch in den Bauch für andere. Das macht mich glücklich und vereinfacht die Arbeit mit meinen Klienten.

Empathie hilft

Mit ein wenig Empathie gewürzt solltest Du Dein Glück teilen, finde ich. Lass Dein Glück ansteckend sein! Dazu sollte Dir bewusst sein was beim Teilen mitschwingt.

Kommunikation von Glück auf Augenhöhe

Bei mir regt sich sofort Widerstand, wenn jemand angibt, predigt oder missioniert. Das kommt bei mir an als: Ich weiß es besser und Das was Du tust ist falsch. Ich fühle mich dann klein.

Angebote machen und von sich erzählen ist okay. So versuche ich das in meinen Blogartikeln und in meiner Praxis. Denn keiner von uns ist mehr wert als ein anderer.

Letztens staunte ein Teilnehmer meines Workshops: Ich hätte nicht gedacht, dass Du mit Selbstakzeptanz Probleme hast.

Wir sind alle Experten in verschiedensten Bereichen. Das bedeutet nicht, dass wir überall gleich gut sind. Deswegen bin ich skeptisch gegenüber Gurus und Menschen, die meinen auf alles eine Antwort zu haben.

Ich höre mich manchmal sicher schlau an, ich habe aber auch noch einiges zu lernen, wie wir alle.

Erwischt!

Wenn, ich merke, dass ich negativ reagiere, wenn jemand sein Glück teilt, habe ich die Aufgabe hinzusehen. Da lohnt es sich nachzuforschen anstatt automatisch auf Abwehr zu gehen. Was genau hat mich getriggert und warum? Wo habe ich einen Mangel, den es zu beheben gilt?

Anderen helfen um glücklich zu werden?

Ich bin damit nicht einverstanden

Anderen zu dienen wird von vielen Religionen zum Ideal erklärt. Ich kenne das aus meiner katholischen Jugend. Jahrhundertelang wurde das Dienen dazu benutzt um Menschen klein zu halten und auf eine Belohnung nach dem Tod zu vertrösten.

Momentan lese ich immer wieder im Rahmen von Tipps zur Persönlichkeitsentwicklung, dass man andere glücklich machen soll, um glücklich zu werden. Z.B.:

„Mache jeden Tag einen Menschen glücklich“. Laura Seiler, S. 29

Was mich daran stört, ist die manipulative Komponente. Sich opfern hilft keinem. Generationen von Frauen haben sich hinten angestellt und sind für die Familie und für andere da gewesen. Diese Zeit geht zwar langsam zu Ende, aber wir Frauen schultern immer noch viel zu viel. Und wenn Bedürfnisse dauerhaft ignoriert werden, dann macht das krank.

Wir können erst dann unsere Energie verschenken und anderen helfen, wenn wir genug davon haben. Inge

Zuerst muss es mir gut gehen bevor ich andere unterstütze

Das habe ich mühsam gelernt als meine Kinder klein waren und ich regelmäßig über meine Grenzen gegangen und auf die Nase gefallen bin. In meiner Verantwortung liegt es, sich zuerst um mich zu kümmern. Erst dann kann ich Energie sammeln, die ich dann mit anderen teilen kann.

Seit die Kinder größer sind tue ich das. Ich habe mir als Selbstständige und Nichtalleinverdiener die Voraussetzungen dafür geschaffen. Außerdem ist einer meiner grundlegenden Werte, andere zu unterstützen.

Ich begleite mit meinem Mann zusammen immer wieder Menschen in schwierigen Situationen. Wir evaluieren dabei, wo die Grenze unserer Kraft liegt, damit wir nachher nicht denen, denen wir geholfen haben vorwerfen, sie hätten uns ausgenutzt.

Weg mit dem schlechten Gewissen. Du kommst zuerst. Inge

Du bist kein schlechter Mensch, wenn Du Dich um Dich selbst kümmerst. Im Gegenteil. Dadurch schaffst Du erst die Basis, Dich irgendwann auch um andere kümmern zu können.

Anderen zu helfen macht nur glücklich, wenn wir dabei auf uns selber achten.

 3. Bedeutet persönliches Glück Verantwortung?

Wir können anderen mehr geben wenn wir glücklich sind. Glückliche Menschen sind weniger mit sich selbst beschäftigt. Sie sind freundlicher und hilfsbereiter.

Eine moralische Verpflichtung kann ich daraus nicht ableiten.

Auch wenn wir das im Alltag nicht sehen können: Wir sind mit allem um uns herum verbunden und deswegen macht das was wir tun oder nicht tun einen Unterschied.

Jede noch so kleine Handlung des Mitgefühls verleiht dem Leben Sinn und Bedeutung. Dalai Lama, S. 36

Ich übernehme grundsätzlich gerne Verantwortung. Das fällt mir leicht weil ich extravertiert und neugierig bin. Es macht mir Spaß und erfüllt mich mit Zufriedenheit.

  • Ich habe ein Wahllokal geleitet
  • War Schöffe
  • Engagiere mich in der Flüchtlingsarbeit
  • Bin Elternvertreterin

Das bedeutet nicht, dass Du das auch tun musst. Dir fallen andere Dinge leicht und die kannst Du einbringen, wenn Du möchtest.

Es muss nichts Großes sein

Ich bin mit vielen sehr unterschiedlichen Frauen vernetzt, die alle auf ihre Art und Weise ihren Beitrag leisten.  Wir müssen keine Riesenaufgaben stemmen. Ich möchte an dieser Stelle besonders die vielen unsichtbaren Leistungen für die Allgemeinheit würdigen, die von uns allen jeden Tag erbracht werden.

Beispiel:

Jeder Mensch, der in diesen schwierigen Zeiten Kinder nach bestem Wissen und Gewissen großzieht tut sehr viel für die Allgemeinheit.

Mehr Mitgefühl, Güte, Freundlichkeit und Toleranz bringen uns mehr Frieden. Dalai Lama S. 65

Was ich für mein Glück tue: Ich strebe nach Zufriedenheit

Glück ist auf der Durchreise, wie alle anderen Gefühle auch. Kaum ist es da ist es wieder weg. Hinterherhecheln ist anstrengend. Ich versuche daher Glücksmomente anzuziehen indem ich für Zufriedenheit sorge.

Zu-frieden-heit ist ein tolles Wort, weil es das Wort Frieden beinhaltet.

Unzufriedenheit als Frühwarnsystem

Um zufriedener zu werden brauche ich die Unzufriedenheit. Sie zeigt mir, wo es nicht rund läuft und wo ich etwas ändern muss. Ich arbeite daran, meine Unzufriedenheit rechtzeitig zu erkennen damit Situationen nicht eskalieren und ich anfange zu kämpfen.

Wir kämpfen zu viel

Viele von uns befinden sich in einem ständigen Krieg; mit sich oder mit den äußeren Umständen. Sie sind von Stresshormonen überflutet, die sie langfristig krank machen.

Beispiel:

Eine Klientin von mir hatte mehrere Autoimmunerkrankungen und  forschte nach den Ursachen dafür. Sie suchte sich Hilfe und war fast alle Autoimmunkrankheiten los als sie zu mir kam.

Wir haben herausgefunden, dass ihr Kampfautomatismus besonders stark ausgeprägt war. Warum kämpfte sie ständig? Sie war ein allein überlebender Drilling und musste schon im Mutterleib ums Überleben kämpfen. Das ging im Elternhaus weiter: Ihre Kindheit war sehr schwierig. Kämpfen war ihre Überlebensstrategie und sie hat gut funktioniert.

Als Erwachsene hatte sie das Kämpfen nicht mehr nötig, aber sie kannte nichts anderes. Diesen tief verwurzelten Automatismus abzustellen darum ging es in unserer gemeinsamen Arbeit. Das zu ändern klappt nur, wenn man sich dessen bewusst wird und dann aktiv gegensteuern kann.

Kämpfen ist für Ausnahmesituationen reserviert, die meine gesamte Kraft brauchen. Langfristig ist meine Energie besser auf meinem Zufriedenheitskonto angelegt: Eines meiner Lebensziele ist: Als alte Frau weise und zufrieden strickend in einem Schaukelstuhl zu sitzen.

Eine Glücksliste als Beitrag zu mehr Zufriedenheit

Bei akutem Glücksbedürfnis kann uns eine Glücksliste zeigen was uns hilft. Hier zwei Beispiele:

Die Blogexpertin Anna Koschinski hat eine Glücksliste in ihrem Blogartikel Was wirklich wichtig ist veröffentlicht, die ich teilen darf.

1. Annas Glücksliste

Das kann ich ganz alleine herstellen:

  • Einen richtig guten Kaffee trinken (gehen).
  • Frühstücken gehen (zuhause ist es auch schön, aber ein Frühstücksbuffet ist noch mal besser).
  • Spazieren gehen (am liebsten durch den Wald, aber Park tut´s auch).
  • Musik hören (laut) und
  • dazu tanzen (egal ob in der Disko oder in der Küche) und
  • dazu singen (das dann doch lieber nicht in der Disko).
  • Eis essen (in der Eisdiele ist schon mega – aber zur Not geht auch eins auf die Hand).
  • In der Sonne sitzen.
  • Joggen gehen.
  • Einen Sonnenuntergang anschauen.
  • Etwas schreiben (am besten per Hand).
  • Malen.
  • Ein neues Buch kaufen.

Dafür brauche ich andere Menschen:

  • Gute Gespräche.
  • Rumtoben mit meinem Sohn.
  • Filme schauen (ich weiß, dass das auch alleine geht, macht aber nicht so glücklich).
  • In einer Bar an der Theke sitzen und ein Glas Wein trinken (geht auch alleine, ist dann aber eher uncool).

2. Inges Glücksliste

Glück, in das ich viel Zeit investiere

  • Lachen und Humor
  • Mit der Familie sein
  • Die Arbeit mit meinen Klienten
  • Ein Blogartikel schreiben und veröffentlichen
  • Ehrliche Gespräche und Austausch
  • Alles was mit Island zu tun hat

Schnelles Glück

  • Eis und Schokolade
  • Gutes Essen
  • Blühendes und Essbares in unserem Garten
  • Bücher und Antiquariate
  • Ein Ausflug ans Meer oder den Hamburger Hafen
  • Eine warme Dusche
  • Überraschende Begegnungen

Was steht auf Deiner Glücksliste?

Wir können ganz viel für unser Glück tun. Und, wenn unsere Energie reicht, auch für andere. Ich wünsche Euch langfristig Zufriedenheit und ganz viele Glücksmomente.

Auf die Ohren

Glück und Neid
Deine Glücksliste

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Links

Apps fürs Smartphone

Ich habe damit keinerlei Erfahrung. Nutzt jemand von Euch eine derartige App?

Bücher

  • Dalai Lama: Der Weg zum Glück
  • Laura Malina Seiler: Schön, dass es Dich gibt
  • Lynne Mc Taggert: Die Kraft der Acht
  • Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation

Bilder: Privat und Pixabay

Inge Schumacher