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Mit Deinen Gefühlen umgehen

Gefühle sind die Basis Deines Lebens. Gefühle musst Du nicht lernen. Du hast sie von Geburt an. Manche liebst Du und um andere machst Du lieber einen großen Bogen.

Was sind Gefühle?

Gefühle sind Signale. Der Körper gibt dir mit einem Gefühl einen Hinweis: Schau hin, da passiert etwas, das wichtig für dich sein könnte. Du hast Gefühle, weil sie für dein Überleben sorgen. Sie machen dein Leben aber auch bunt und abwechslungsreich.

Emotionen lassen sich chemisch im Blut nachweisen. Kortikoide bei Angst und Stress, Adrenalin bei Aufregung, Endorphine bei Glück.

Sie verbinden Körper und Seele. Ist dein Körper krank, fühlst du dich schlecht. Ist Deine Seele krank, ist auch der Körper nicht fit.

Wie entstehen Gefühle?

Sie haben immer einen Auslöser. Entweder kommt der aus unserem Inneren oder von außen. Allein durch unsere Gedanken können wir Gefühle erzeugen.

Beispiel:

Sobald du dir vorstellst, in eine Zitrone zu beißen, spürst du eine körperliche Reaktion: Allein beim Schreiben dieses Satzes zieht sich bei mir der Mund zusammen. Deine Gedanken können Gefühle nicht nur auslösen, sondern auch ihre Intensität und ihre Dauer beeinflussen.

Auf einen lauten Knall reagieren wir schnell und automatisch. Blitzschnell prüfen wir, ob wir in Gefahr sind. Um wertvolle Reaktionszeit zu sparen, werden unsere höheren Gehirnfunktionen umgangen.

Zu den Gefühlen, die wir automatisch erzeugen, gehören solche, die biografisch fest in uns verankert sind. Wenn wir als Kind verinnerlicht haben, dass wir unwichtig sind, weil unsere Bedürfnisse nicht beachtet wurden, reagieren wir auf viele Reize von außen oft mit diesem bekannten Gefühl des „Nichtswertseins“. Wir sind uns des Automatismus nicht bewusst, verankern aber damit diese Emotion umso stärker in unserem Leben.

Gefühle sind dynamisch

Gefühle sind Energie in Bewegung. Sie dauern ein bis zwei Minuten, dann sind sie weg, wenn wir sie gehen lassen können.

Wir können immer nur eines haben

Wenn du Liebeskummer hast und dir heftig den Zeh stößt, dann fühlst Du nur noch den Schmerz in deinem Zeh. Klingt der Schmerz ab, kommt deine Aufmerksamkeit zum Liebeskummer zurück und du aktivierst dieses Gefühl wieder.

Gefühle sind nicht rational

Wenn du Höhenangst hast, weißt du, dass du diese Angst nicht einfach wegzurationalisieren kannst. Es gibt keinen Knopf, um sie auszuschalten. Sie ist einfach da. Auch wenn dein Verstand dir immer wieder sagt, dass die Brücke sicher ist, auf der du gerade stehst. deine Angst wird davon nicht kleiner.


Das trügerische Gefühl von Angstfreiheit


Manche meiner Klienten sind davon überzeugt, mit negativen Gefühlen wie Ängsten nichts zu tun zu haben. Das stimmt so nicht: Wenn die bewährten Strategien nicht wirken, kommen die Ängste zum Vorschein und werden dann oft ganz schnell unterdrückt.

Wir halten Gefühle fest, indem wir gegen sie ankämpfen

Irgendwann bricht der Damm und sie überschwemmen uns. Wir bekommen dann vielleicht sogar Angst vor der Explosion, die sich unkontrollierbar anfühlt und deswegen versuchen wir, unsere Gefühle erst recht möglichst wenig Raum zu geben.

Der Umgang mit Gefühlen will gelernt sein

An Kindern kannst du beobachten, wie sehr wir durch Gefühle beeinflusst werden: Für ein Kleinkind ist alles schrecklich und es weint bitterlich und zwei Minuten später läuft es lachend umher. Im Laufe unseres Erwachsenwerdens lernen wir Strategien, um unsere Gefühle zu verstehen und zu verarbeiten.

Leider haben die wenigsten Menschen meiner Generation Vorbilder, die ihnen beibrachten, wie wir konstruktiv und positiv mit Gefühlen umgehen. Das ist – meiner Meinung nach – eine Spätfolge der Nazizeit.

Beispiel

Ein Kollege von mir packte seine Kindheit in die Aussage: „Als Kind hatte ich mich immer still und unauffällig zu verhalten.“ Da hatten Gefühle keinen Platz und störten nur.

So bleibt uns nichts anderes übrig als den Umgang mit Gefühlen als Erwachsene lernen. Damit wir nicht dauerhaft Spielball unserer Gefühle bleiben und von einer automatischen Reaktion in die nächste taumeln, müssen wir uns mit unseren Gefühlen auseinandersetzen.  

Diese ist eine große Lernaufgabe. Folgende Fähigkeiten brauchen wir, um mit unseren Gefühlen umzugehen:

  • Gefühle wahrnehmen
  • sie aushalten
  • sie verstehen und einordnen
  • sie sozialverträglich mitteilen


1. Wahrnehmen

In sozialen Situationen ist es hilfreich, Gefühle zu verdrängen. Wir sollten sie trotzdem später reflektieren. Es reicht, sie einfach kurz wahrzunehmen. Wir brauchen nicht auf sie zu reagieren und etwas zu unternehmen. In dem Moment des Wahrnehmens lassen wir sie nämlich los und sie gären nicht weiter in unserem Unterbewusstsein.

Ich habe die APP Woebot ausprobiert. Der Bot, den Psychologen der Uni in Stanford programmiert haben, stellt Fragen und hilft so wahrzunehmen, was gerade gefühlsmäßig bei einem los ist. Eine derartige App kann dir helfen, dich daran zu gewöhnen, deine Gefühlslage regelmäßig unter die Lupe zu nehmen. Sie ersetzt natürlich keinen Therapeuten.

2. Aushalten

Du hast jeden Tag unzählige Gefühle. Dein Körper vermittelt sie dir. Dock doch mal kurz bei dir an.

Was fühlst du jetzt gerade?

  • den Stuhl, auf dem du sitzt
  • den Hunger kurz vor dem Mittagessen
  • den Druck deiner langen To-Do Liste

Diese Gefühle kannst du aushalten, ohne dass die Gefahr besteht, dass du dauerhaft aus dem Gleichgewicht gerätst. Bei intensiveren Gefühlen brauchst Du für die Reflexion eine sichere Umgebung, die dich auffangen kann.

3. Verstehen und einordnen

Um deine Gefühle zu verstehen, brauchst Du Abstand. Wütend auf einer Palme sitzend lässt es sich nicht gut reflektieren. Hilfreich sind dabei einfache Atemtechniken, die dir schnell wieder von der Palme herunterhelfen. Sie senken den Adrenalinpegel und die Herzfrequenz. Unten findest Du einige Atem-Apps, die ich ausprobiert habe.

Eine Palme am Strand steht für das Gefühl des Ausrastens

Bei mir hat es lange gedauert, bis ich Gefühle wahrnehmen und sie dann noch einordnen konnte. Eine Therapie hat mir dabei geholfen. Wir müssen nicht alles allein schaffen und dürfen uns Hilfe holen, wenn wir allein nicht weiterkommen.

4. Mitteilen

Sozialverträglich Gefühle mitteilen, die uns unter die Haut gehen, kann eine Herausforderung sein. Auch hier brauchst du erst einmal Abstand, um begreifen zu können was alles bei Dir los ist.

Offen mit deinen Gefühlen umzugehen und in einem wertschätzenden Umfeld über sie zu sprechen, bringt dich auf jeden Fall weiter. Scheue dich nicht, dir rechtzeitig professionelle Hilfe zu holen.

Wenn Gefühle nicht bewusst wahrgenommen werden, halten sie länger an.

Das wurde in einer Studie überprüft. Bei den Probanden, die Zeit bekamen, um ihre Gefühle zu reflektieren, hielten Gefühle deutlich kürzer an als bei denen, die durch Denkaufgaben daran gehindert wurden.

Wenn wir Gefühle unterdrücken, wird unser Körper belastet: Der Blutdruck erhöht sich und die Herzfrequenz steigt. Das kostet den Körper Energie und auf Dauer kann ihn das stark beeinträchtigen. Man vermutet deswegen, dass viele Herzkreislauferkrankungen und psychosomatische Erkrankungen die Folge von verdrängten Gefühlen sind.

Welche Erfahrungen hast du mit dem Umgang mit deinen Gefühlen gemacht?

Apps für bewusstes Atmen:

Breathe, Breath Ball, Calm (Englisch)

Bücher:

  • Andreas Knuf: Ruhe da oben
  • Gabor Maté: Vom Mythos des Normalen

Dieser Artikel ist in der Blognacht meiner Lieblingsblogflüsterin Anna Koschinski entstanden.

Bilder: Privat, pixabay

© Inge Schumacher

2 Kommentare

  1. Margaretha Schedler

    Liebe Inge,
    „Leider haben die wenigsten Menschen meiner Generation Vorbilder, die ihnen beibrachten wie wir konstruktiv und positiv mit Gefühlen umgehen. Das ist – meiner Meinung nach – eine Spätfolge der Nazizeit.“
    Aus vollem Herzen kann ich dieser Passage zustimmen. Auch ich gehöre zu dieser Generation. Wie wertvoll Gefühle – gerade auch die schweren- sind, durfte und musste ich beim Tod unseres Sohnes lernen. Annehmen, Aushalten und noch so vieles mehr.
    Ich danke Dir so für diesen überaus wertvollen Beitrag.
    Ganz liebe Grüße
    Margaretha

    • Inge Schumacher

      Liebe Margaretha
      Der Tod eines Kindes ist, glaube ich, das Schlimmste für uns Eltern, was passieren kann. Das kann wirklich nur jemand verstehen und nachvollziehen, der das selbst erleben musste.
      Meine Kinder haben meine Entwicklung in Bezug auf den Umgang mit Gefühlen miterlebt und aus erster Hand gesehen, dass es sich lohnt, sich darum zu kümmern.

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