Neuroplastizität ist die einzigartige Fähigkeit unseres Gehirns, sich zu verändern. Die Strukturen in deinem Gehirn sind also nicht festgelegt. Wir verändern sie ständig und bestimmen damit, wie unser Verstand arbeitet. Im letzten Artikel über Epigenetik habe ich festgestellt, dass wir beeinflussen können, welche unserer Gene aktiv sind. Es scheint, dass wir auf Veränderung ausgelegt sind.


Erfahrungen können strukturelle Veränderungen im Gehirn bewirken“ schreibt Professor Daniel J. Siegel in seinem Buch „Das achtsame Gehirn“ (S. 54). Unser Gehirn verändert sich demnach laufend, weil wir uns ständig auf äußerliche Einflüsse und Anforderungen einstellen müssen.


Wir alle benutzen und trainieren unser Gehirn. Jeder auf seine Weise. Wir formen es durch unseren Alltag und unsere individuellen Herausforderungen. Das Gehirn eines Spitzensportlers ist also anders verdrahtet als das eines Professors. Meines arbeitet anders als deines.

Mir zeigt das, wie vielseitig und anpassungsfähig wir Menschen sind. Es erklärt auch, warum wir noch nicht ausgestorben sind.

Neuroplastizität ermöglicht Heilung

Unser Gehirn hilft uns zu überleben. Neuroplastizität bedeutet auch, dass wir einen eingebauten Reparaturmechanismus haben. Natürlich hat er Grenzen. Das Gehirn kann sich trotzdem in vielen Fällen erstaunlich gut regenerieren.

Gehirnverletzungen überwinden: Nach einer Gehirnverletzung kann sich unser Gehirn umorganisieren. Benachbarte Bereiche übernehmen die Aufgaben von beschädigten und kompensieren so verlorengegangene Funktionen.

Rehabilitation von Schlaganfallpatienten: Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, werden durch gezielte Therapien gefördert. So lernen sie ihre verlorenen motorischen Fähigkeiten wieder neu.

Bei Demenzpatienten werden die vorhandenen Fähigkeiten geübt und gefördert, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.

Beispiel für angewandte Neuroplastizität: Dyskalkulie


Mit Neuroplastizität erkläre ich mir auch die erstaunliche Entwicklung meiner Tochter im Fach Mathematik. In der Grundschule konnte sie die Zahlen ab sechs einfach nicht begreifen. Ihre Dyskalkulie, das ist eine mit ausgeprägte Schwäche beim Rechnen, hat sie wahrscheinlich geerbt.

Sie hat lange mit ihren beeinträchtigten Rechenfertigkeiten gekämpft. Die Kenntnisse in Mathematik, die sie sich für eine Klassenarbeit mühsam erarbeitet hatte, waren nach ein paar Tagen spurlos verschwunden. Abgetropft wie von einem Lotusblatt. Das war sehr frustrierend.

Wir haben versucht, ihr zu erklären, dass ihre Dyskalkulie eine persönliche Eigenheit von ihr ist, mit der sie leben kann.


Unterstützt haben wir sie mit Ergotherapie. Mehr wollte sie nicht. Wir haben sie immer wieder darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit hat, ihren Körper und seine Funktionen zu beeinflussen.

Wir hatten keine Ahnung, wie das geht und ob das bei ihr funktioniert. Wir haben ihr geraten, sich vorzustellen, dass ihr Mathematik immer leichter fällt. Sie hat es geschafft. Stück für Stück kam sie besser zurecht. Das Kopfrechnen wird ihr wohl nie leicht fallen und ein Mathegenie wird auch nicht aus ihr.

Ihr Mathematikverständnis hat sich so weit verbessert, dass sie Mathe im Abitur hatte. Keiner von uns hätte das für möglich gehalten.

Ohne diese Fähigkeit ihres Gehirns sich zu verändern – die Neuroplastizität – kann ich mir eine solche Veränderung nicht erklären.

Neues lernen verändert dein Gehirn


Neuroplastizität bedeutet also, dass du strukturelle Veränderungen im Gehirn bewirkst, wenn du etwas Neues lernst oder etwas anders machst. Wenn du eine neue Sportart oder eine andere Sprache lernst, veränderst du deinen Körper auf molekularer Ebene.

Neuroplastizität ermöglicht Lernen

Indem du deine kreativen Fähigkeiten förderst, bildet dein Gehirn neue Verbindungen. Du kannst dich sogar darauf trainieren, originelle Ideen zu generieren und innovative Lösungsansätze zu finden.

Unsere angeborene Neugier ist ein Überlebensmechanismus, der Veränderungen für uns einfacher zu bewältigen macht.

Stehe zu dir und streiche die Ausreden


Ich habe die Aussage: „Das kann ich nicht“ aus meinem Wortschatz gestrichen. In ein: „Das kann ich noch nicht“ oder auch in „Damit will ich mich nicht befassen.“ Wir können so viel lernen. Aber wir sind nicht dazu gezwungen. Außer vielleicht, wenn wir schulpflichtig sind.

Wir alle haben Fähigkeiten, die wir nicht gerne benutzen, weil sie uns keinen Spaß machen. Das ist okay. Nur, weil du etwas sehr gut kannst, musst du keinen Beruf daraus machen.

Du entscheidest, wie du dich entwickelst

Ich habe zum Beispiel sehr gute analytische Fähigkeiten. Die habe ich als Diplomkauffrau im Controlling und als Unternehmensberaterin genutzt und ausgebaut. Mich hat dieses Berufsfeld aber nicht ausgefüllt, weil es zu wenig abwechslungsreich und kreativ war.

Heute nutze ich meine analytischen Fähigkeiten anders. Und zwar, indem ich mit meinen Klienten nach den Ursachen für ihre Blockaden forsche und ihnen helfe, wirklich weiterzukommen.


Je besser du dich kennenlernst, desto bewusster wirst du. Du lernst dir immer mehr zu vertrauen. So steuerst du dein Lebensauto genau dahin, wo du wirklich hinwillst. Lasse dabei die wunderbare Fähigkeit deines Gehirns, sich mit dir und für dich zu verändern, die Neuroplastizität, für dich arbeiten.


Wir haben die Verantwortung für uns und unsere Entwicklung. Und jede darf dazu stehen, wie sie sich entwickeln möchte. Du bist okay so wie du bist und brauchst dich nicht als Opfer der Umstände zu fühlen.


Du – dein Körper, dein Gehirn und damit auch dein Verstand – sind für Veränderung gemacht. Wenn du etwas Neues starten möchtest, damit du dich wohler fühlst, unterstützt dich dein Körper. Du hast alles dazu mitbekommen was du brauchst, um dein Leben auf das auszurichten, wofür du wirklich hier bist.


Alleine die Auseinandersetzung mit neuen Gedanken kann eine Änderung in deinem Gesamtsystem bewirken.

Nimm also die nächste Herausforderung in dem Wissen an, dass es deine leichteste Übung ist, über dich selbst hinauszuwachsen. Das machst du nämlich ständig.

Du möchtest dich weiterentwickeln und weißt nicht genau wie? Nutze mein Angebot für ein kostenloses halbstündiges Kennenlerngespräch.

Anhang: Links zu Neuroplastizität

Bilder: Pixabay

© Inge Schumacher