Etliche meiner Klienten sind sehr sensibel. Sie kämpfen mit vielen Herausforderungen. Zum Beispiel fühlen sich oft nicht zugehörig. Ihnen hilft mehr Bewusstsein über die eigene Hochsensibilität und Wissen über sich selbst, um die Stärken ihrer Gabe besser nutzen zu können.

Ich habe hier12 Herausforderungen und Tipps zusammengestellt, die Hochsensiblen das Leben leichter machen.

Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal.

Jeder Fünfte, das sind 20 % der Bevölkerung, ist hochsensibel. 70 % der Hochsensiblen sind introvertiert und 30 % extrovertiert.

1. Hochsensible Wahrnehmung und Verarbeitung

Wir alle nehmen täglich über unsere Sinne viele Reize wahr. Hochsensible nehmen diese nicht nur intensiver wahr, sondern verarbeiten sie auch tiefer. Dies kann zu Überlastungen führen.

Stell dir zwei baugleiche Smartphones mit gleichen Akkus und Funktionen vor.
Auf dem einen laufen 5 Apps und auf dem anderen ständig 30 Apps.

Es ist logisch, dass das zweite Handy mehr Strom verbraucht und schneller aufgeladen werden muss, oder?

Das Bewusstsein darüber, dass Hochsensible natürlicherweise mehr aufnehmen, hilft ihnen, Ermüdungserscheinungen rechtzeitig zu bemerken und darauf zu reagieren.

2. Hochsensible Werte

Hochsensible haben ein starkes inneres Wertesystem. Alle Menschen sind unglücklich und unzufrieden, wenn sie ihre Werte nicht leben und ausdrücken können.

Für ein gutes soziales Miteinander ist es wichtig zu verstehen, dass nicht jeder Mensch deine Werte teilt. Das bedeutet nicht, dass die anderen böse oder schlecht sind. Sie ticken einfach anders.

Wenn du unterschiedliche Wertesysteme akzeptieren kannst  – du musst sie nicht gut finden – erleichtert dir das den Alltag sehr.

3. Empathie

Viele Hochsensible haben feine Antennen für die Gefühle und Befindlichkeiten der Menschen um sie herum.

Unbewusst übernehmen sie die Lasten der sie umgebenden Menschen und tragen sie mit. Auch hier hilft das Wissen über diesen automatischen Vorgang, um sich nicht ständig zu überfordern.

4. Hochsensible nehmen fremde Gefühle mit

Eben noch hast du dich wohlgefühlt. Aber nach einem Treffen hast du plötzlich schlechte Laune. Was ist passiert?

Vielleicht hat dich jemand als Kummer-Abladeplatz benutzt oder Stress verbreitet.

Das bedeutet nicht, dass du etwas falsch machst. Es ist ganz natürlich für uns, Gefühle zu übernehmen.

Das Wort Mitgefühl besteht nicht zufällig aus den beiden Wörtern „mit“ und „Gefühl“. Wir Menschen besitzen damit eine wunderbare Fähigkeit.

Schade ist, wenn du nicht mitbekommst, wenn du eine schlechte Stimmung mitnimmst.

Du gehst dann vielleicht durch deinen Tag mit dem vagen Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Du kommst aber nicht darauf, was das sein könnte.

Mein Tipp:

Stell dir die folgende Frage: Ist das gerade mein Gefühl oder könnte ich mich angesteckt haben?

Fremde Gefühle loszuwerden ist einfacher als eigene. Sie haben zwar bei dir angedockt, aber sie sind kein Signal aus und für dein System.

Allein das Wissen, dass sie nicht deine sind, ermöglicht es dir, Abstand zu ihnen zu bekommen. Das können Hochsensible, nach meiner Erfahrung, schnell lernen

Mit der Zeit wirst du immer besser darin, herauszubekommen, wo ein Gefühl herkommt.

5. Hochsensible übernehmen Verantwortung

Du spürst die Stimmung von anderen und bemühst dich, ihnen zu helfen, zum Beispiel versuchst du:

  • Aufzumuntern
  • Frieden zu stiften
  • Es allen recht zu machen

Das kann zu einem Automatismus werden, bei dem du selbst auf der Strecke bleibst. Warum? Weil du so viel im Außen bist, dass du deine Selbstfürsorge vergisst.

Überprüfe, ob du dich oben wiederfindest und überlege, wie du dich daran erinnern kannst, nicht für die Befindlichkeiten anderer die Verantwortung zu übernehmen.

6. Selbstentfremdung durch Anpassung

Wir wollen alle dazugehören. Hochsensible spüren, dass sie anders sind und kompensieren manchmal über. Sie werden dann super angepasst. Das hat Auswirkungen auf ihre seelische und körperliche Gesundheit. Sie verlieren sich aber selbst dabei.

Sie passen sich an aufgrund von

  • Erwartungen von außen
  • Normen
  • Strukturen

Sie verbiegen sich im Alltag und stellen irgendwann fest, dass sie unzufrieden sind. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, das Anpassungsverhalten unter die Lupe zu nehmen.

7. Die Sinnsuche

Nicht nur Hochsensible brauchen einen tieferen Sinn in ihrem Leben. Ohne einen wahrnehmbaren Sinn fehlt uns Menschen die Motivation.

Das wird besonders im beruflichen Umfeld deutlich: Ohne Sinn kündigen wir erst innerlich und dann wird das Arbeitsverhältnis auf die eine oder andere Art und Weise beendet.

Hier hilft es, sich selbst gut zu kennen. Die eigenen

Dann können wir unser Leben in eine für uns sinnvolle Richtung steuern.

Kurzfristig hilft, herauszufinden

  • Was macht mir gerade Freude?
  • Was tut mir gut?

Und das in kleinen Schritten umzusetzen. So lernen wir etwas über das, was uns entspricht. Das ist sooo wichtig!

8. Hochsensibler Gerechtigkeitssinn

Ein typische Eigenschaft Hochsensibler ist ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn.

Wenn jemand, deiner Meinung nach, ungerecht behandelt wird, und du schnell darauf reagierst, weißt du, was ich meine. Dein starker Sinn für Gerechtigkeit ist dann feiner kalibriert als im Durchschnitt.

Auch die allgemeine Weltlage kann buchstäblich Schmerzen bereiten. Ich kenne das von meinen Klienten.

9. Kampf zwischen Innen und Außen

Hochsensible haben ein reiches Innenleben. Das kommt durch die vielen aufgenommenen Reize und deren tiefe Verarbeitung, die Ruhe braucht.

Dieses Innen ist oft schwer mit dem lauten, hektischen Alltag in Einklang zu bringen.

Hochsensible brauchen Oasen, in denen sie ihr Innenleben und ihre natürliche Verbundenheit mit dem Außen spüren können. Zum Beispiel beim Spazierengehen in der Natur.

Ihre Seele sehnt sich nach Tiefe und Verbundenheit. Das merken viele auch daran, dass Smalltalk für sie unbefriedigend ist.

10. Bloß kein Smalltalk!

Oberflächlicher sozialer Austausch ist vielen Hochsensiblen ein Gräuel. Warum sinnlos an der Oberfläche bleiben, wenn es so viele spannende wichtige Themen gibt?

Du hasst oberflächliche Gespräche? Du vermeidest deswegen sogar Veranstaltungen, die dir eigentlich Spaß machen?

Das nächste Mal, wenn du dich in der ungeliebten Smalltalk-Situation befindest, versuche es mit wertfreiem Zuhören und steuere das Gespräch dann in eine Richtung, die für dich interessant ist.

So habe ich schon großartige Gespräch mit für mich wertvollen Input geführt.

11. Gruppensituationen

Viele Hochsensible scheuen Menschenmengen, weil zu viel auf sie einprasselt und sie hinterher viel Ruhe brauchen, um die ganzen Eindrücke zu verarbeiten. Sie gehen deswegen ungern auf Partys und sind nach Familienfeiern völlig ausgelaugt.

Hier ist es hilfreich, sich schon vorher passende Strategien zu überlegen:

  • Gibt es Rückzugsmöglichkeiten?
  • Dem Gastgeber sagen, dass man geht, wenn es einem zu viel wird
  • Für ausreichend Verarbeitungszeit hinterher sorgen

So haben auch Hochsensible Spaß an größeren, lauten Veranstaltungen.

12. Schmerzhafte Erlebnisse

Ein stark gefordertes Nervensystem ist nur begrenzt flexibel. Begegnen Hochsensiblen die normalen Widrigkeiten des Lebens, haben sie oft mehr zu kämpfen.

Hier hilft es,

  • Sich schützen zu lernen
  • Gefühle regulieren zu lernen
  • Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen

Du willst wissen, wie du deine Hochsensibilität als Stärke nutzt? Mach ein Termin für ein gutes Gespräch.

Mehr Artikel über Hochsensibilität gibt es hier:

Onlinetests

Bist du oder Menschen in deinem Umfeld hochsensibel? Online gibt es viele Tests, die dir helfen, das einzuschätzen. Hier eine Auswahl:

Tests sind immer mit Vorsicht zu betrachten. Du wirst mit einem Test jedoch besser einschätzen können, ob du hochsensible Seiten hast.

Bilder: Dall-E

© Inge Schumacher