Du kannst Dir hier Geschenke abholen, authentische Geschichten über das Leben mit Sterben und Tod.

Inspiriert worden bin ich durch Anna Koschinskis #28TageContent.

Über die Endlichkeit zu schreiben und es dann auch noch auf dem Business-Netzwerk LinkedIn zu veröffentlichen. Das hätte ich sonst nicht getan. Die Resonanz hat mich umgehauen.

Es gibt mehr als 200 Kommentare. Viele Leser haben sich die Zeit genommen und ihre persönliche Geschichte erzählt, authentisch und hautnah. Beim Lesen habe ich Gänsehaut bekommen. In den Kommentaren steckt so viel Weisheit, dass es mir ein Bedürfnis ist einige hier zu teilen.

Vom Leben über den Umgang mit dem Sterben lernen

Es haben Menschen geschrieben, die

  • Den Tod nah erlebt und verarbeitet haben
  • Ihre Angehörigen auf die verschiedenste Art begleitet haben
  • Beruflich mit Tod-Kranken zu tun haben
  • Selbst sehr krank sind

Sie haben erzählt, was gut und was schwer war. Und Tipps gegeben, die aus der Praxis kommen.

Ich teile hier sechs dieser Geschichten. Jede Autor:in hat mir dazu die ausdrückliche Zustimmung gegeben.

Damit Du weißt, auf was sie reagieren teile ich zuerst meinen Post, etwas gekürzt. Hier kannst Du ihn auf LinkedIn nachlesen.

Über unsere Endlichkeit

Der Vater meiner besten Freundin wird heute beerdigt.

Ich sitze im Zug gen Süden. Ganz in schwarz gekleidet. Plötzlich und leise ist er gestorben. Er war über achtzig. Ein schöner Tod, sagen viele. Das ist in Ordnung, oder? Für die Familie trotzdem ein Schock.

Wir haben eine instinktive Abneigung in irgendeiner Form unserer eigenen Endlichkeit zu begegnen. Mein Artikel über die Arbeit mit einer schwer kranken Klientin hatte deswegen wohl fast keine Resonanz.

Ich kann das gut verstehen. Mir ging das früher genauso. Ich habe lange nicht mit todkranken Menschen gearbeitet. Meine Ausrede war: Vielleicht mache ich etwas falsch.

Geändert hat das eine Freundin von mir. Sie hatte Krebs im Endstadium und bat mich mit ihr Energiearbeit zu machen.

Sie hat mich auf den Pott gesetzt als ich zögerte. Komm schon, Du schadest mir nicht. Ich weiß genau, dass Du mir helfen kannst, sagte sie.

Ich habe meine Scheu überwunden. Und siehe da: Arbeiten mit ihr war wunderbar. Ich konnte ihr sogar ein wenig helfen.

Seither diskriminiere ich Todkranke nicht mehr. Ich habe meine Berührungsängste überwunden. Heute finde ich es seltsam, das irgendetwas in mir glaubte: Der Tod ist ansteckend. Halte Dich besser fern. Absurd, wo er doch einfach zum Leben dazu gehört.

Nicht jeder kann mit dem Tod umgehen. Ich glaubte lange, ich würde das auch nicht können. Weit gefehlt.

Arbeit mit Schwerkranken macht mir heute genauso viel Spaß und ist genauso befriedigend wie mit jedem anderen.

Warum auch sollte das auch anders sein? Ich liebe Menschen, egal wie groß oder klein ; dick oder dünn sie sind. Warum sollten Sterbende da eine Ausnahme sein?

Heute kann ich mit Klienten über Tod und Sterben sprechen, wenn das Thema dran ist.

Sechs besondere Geschichten

1. Früher Tod des Vaters

Ich bin ganz bei dir. Der Tod gehört zum Leben dazu. Das memento mori steht ja nicht umsonst neben dem carpe diem. Wenn ich weiß, dass mein Leben endlich ist, kann ich es viel bewusster gestalten. Und die Beschäftigung mit dem Tod ist etwas Natürliches – wir können es ja gar nicht umgehen.

Mein Vater starb, als ich 12 war. Und ich habe zwar darüber gesprochen, aber nie geschrieben. Doch als ich das konnte, löste sich dieses ganze große Thema und bot mir eine neue Perspektive: Hier geht es zum Blogartikel (Anna Koschinski)

2. Tod der Schwester

Ich glaube, jeder Mensch hat eine Geschichte mit dem Thema Endlichkeit. So auch ich/meine Familie. Unsere Schwester Barbara ist mit 8 Jahren wieder von uns gegangen. Ich war damals 4.
Es war für alle schwierig, schmerzvoll und unbeschreibbar. Sogar heute noch, nach 51 Jahren, spüre ich eine stille Befangenheit in unserer Familie.

Diese Erfahrung hat tiefe Spuren hinterlassen… denen ich mir erst viel später bewusst geworden bin und dadurch nun mir und auch anderen Menschen anders begegne❤.
Einander offen und aufrichtig begegnen, wertschätzend, kann eine Brücke sein… auch ohne viele Worte. (Andrea Birchler)

3. Begleitung der Mutter

Der Tod gehört einfach zum Leben dazu. Das durfte ich bereits als junger Mensch lernen. Die intensivste Erfahrung war, als 2005 meine Mama die Diagnose Lungenkrebs bekam. Nach 3 Jahren hat sie den Kampf verloren und starb in meinen Armen. Von einer Minute auf die andere erlebte ich wie ihre Seele mit dem letzten Atemzug ging und meine Mama plötzlich nur noch eine leere Hülle war.

So schrecklich wie dieser Moment war so wichtig war er auch für mich

Man sollte geliebte Menschen gehen lassen können, wenn das Leid schon groß ist. So gerne ich meine Mama behalten hätte, mit Ende 20, so sehr habe ich auch gegönnt, erlöst zu sein.

Dankbar bin ich, dass wir uns nie etwas verschwiegen oder nicht gesagt oder zu wenig Zeit miteinander verbracht haben 🙏. Das ist mein kleiner versteckter Rat am Ende – wähle deine Prioritäten weise. (Nadine Wollny-Zimmer)

4. Mit meiner 14-jährigen Tochter habe ich den Onkel begleitet

Für mich ist die Würde eines Menschen wichtig, gerade auch, wenn er im Sterben liegt. Nach den Erfahrungen, bei meiner Großmutter wie 7 Jahre später bei meiner Mutter dabei zu sein und meinen Vater kurz danach zu finden.

Für mich war 2017 die nächste Erfahrung. Mit unserer älteren Tochter (damals 14) bin ich für 3 Tage von Wien nach Lüneburg gefahren, zum Bruder meines Vaters, ihrem „Opi“. Er lag im Sterben.

Das Gefühl im Zug, zum nahenden Tod zu fahren, war intensiv

Als wir dann bei meinem Onkel und meiner Cousine (sie begleitete ihn durchgängig) im Altersheim waren, von morgens bis spät nachts, exkl. Besuch bei meiner Tante im Pflegeheim, haben wir uns komplett darauf eingestellt, was er braucht.

Wir sprachen miteinander – er war bei vollem Bewusstsein – und meine Tochter lag auch einfach schweigend bei ihm mit im Bett. Wir haben ihn mit all unserer Liebe umhüllt für seine letzte Reise.

Sich so bewusst auf den Tod einzustellen … Bei unserem Abschied in der 2. Nacht war uns allen das Herz schwer und es war so wichtig und traurig-schön, sich gegenseitig zu sagen, wie lieb wir einander haben. Am nächsten Abend starb er. Liebe ist das Wichtigste, was wir von Zeugung an brauchen.

So etwas Persönliches habe ich hier (wie auch nirgends woanders) bisher noch nicht öffentlich geteilt.

Deswegen war ich auch unsicher – gleichzeitig dachte ich, das kann und wird passen. Da das Thema, das Du so wunderbar hier einbringst, das hervorrufen kann und darf. Und da es – das nehme ich wie Du wahr – etwas Besonderes ist, wenn liebevolle und würdevolle Erlebnisse mit dem Tod stattfinden und auch andere Menschen von diesen Erfahrungen erfahren können.

Wichtig war mir noch zu ergänzen, dass ich so froh war, dass meine Cousine mich einen Tag vor unserer Fahrt anrief und mir erzählte, wie schlecht es um meinen Onkel steht.

Kurz danach war mir klar, dass ich zu ihm fahre, genauso ging es meiner Tochter – aber nur, wenn auch er das wollte. Dies schrieb ich meiner Cousine und sie sagte, sie fragt ihn. Diese Stunden des Wartens waren für mich auch speziell, da es gut hätte sein können, dass er ihr sagt, dass wir zwei nicht kommen brauchen/sollen. Und wie erleichtert ich war, als ihre Mail kam: „Er freut sich, dass Ihr Beide kommt!“

5. Das Thema Tod gehört zum Leben dazu

Es klingt nur so schwer, wenn wir unsere Lebendigkeit im Hier und Jetzt nicht spüren.
Der Tod ist ein Loslassen, ein Übergang in eine andere Sphäre.
Ich habe schon einige Menschen sterben sehen.

Meinen Partner habe ich begleitet, beim Sterben

Es war wirklich schwer mit anzusehen wie er sein baldigen Tod nicht annehmen konnte.
Sterben kann ein langer Prozess sein, wo eventuell eine schwere Krankheit, den Mensch vollkommen verändert.

Der Tod kann auch eine Erlösung sein

Als mein Vater mit 91 Jahren starb, war sehr viel Würde und Dankbarkeit in seinem Gesicht. Er konnte loslassen.

Freunde und Bekannte die verstorben sind, haben unterschiedliche Gefühle in mir ausgelöst.
Ich kann nur für mich sprechen. Alle Gefühle sind erlaubt, alle Farben und Stimmungen.

Ein Spruch beschäftigt mich bis heute: Wir sterben so wie wir gelebt haben.

Das bedeutet für mich achtsam und wertschätzend mit sich und anderen zu sein.
Im Hier und Jetzt das Leben zu genießen und zu gestalten. Der Tod gehört zum Leben dazu. (Constanze Josefa F.)

6. Ich bin unheilbar krank

Ich habe eine seltene und genetische Erkrankung. Mittlerweile habe ich meine 25te Lebenserwartung überlebt (diagnostiziert im Alter von 6 Monaten und nun werden 52). Ich musste mich schon im Kindesalter mit meiner eigenen Endlichkeit auseinandersetzen.

Und sehe es heute rückblickend als mein Geschenk an, auch wenn das viele „Gesunde“ schwer nachvollziehen können! Ich wäre nicht der, der ich bin, hätte nicht die Wertevorstellung, die ich habe! Wahrscheinlich würde ich mich auch nicht so einsetzen für Menschen mit seltenen Erkrankungen oder dem Mitspracherecht für Patienten in der Digitalisierung.

Lebe, Liebe und Lache ist mein Motto! Genießen gehört auch dazu und hier gilt es Momente zu schaffen für einen selbst aber auch für andere! Es gibt keinen PlanB zu meinem Leben, also mache ich PlanA zu meinem Besten und das jede Sekunde, Minute, Stunde usw, usw….

Ich kenne mein Leben nicht anders also ist für mich das Wissen um meine Endlichkeit ein Vorteil, nein besser mein Vorteil – denn ich lebe WIRKLICH für mich und den Moment.

Selbst der Sensenmann hat es aufgegeben mir Angst zu machen, denn ich habe ihm den Platz meines Schattens zugewiesen – somit entscheide ich selbst, ob ich nach vorne oder zurück sehe! (Frank Hennemann)

Lebe Dein Leben

Das für mich perfekte Schlusswort bekam ich auch als Kommentar geschenkt:

Ich kann aus Erfahrung sagen, wir brauchen keine Angst vor dem Tod zu haben. Wir sollten uns eher davor fürchten, nie wahrhaftig zu leben. Zu sehr sind wir damit beschäftigt die Erwartungen einer Gesellschaft zu entsprechen und vergessen dabei authentisch und wahrhaftig zu leben. Mir ging es lange Zeit so und dann kam der Tod, der meine Augen öffnete.

Herzlichen Dank

allen, die mir ihre Geschichte geschenkt haben. Wenn Du (viel) mehr lesen willst, kannst Du das auf LinkedIn tun.

Mich hat diese Erfahrung darin bestärkt, zu Themen die mir wichtig sind mehr zu stehen. Was macht dieser Artikel mit Dir?

Fotos: Privat und Pixabay

© Inge Schumacher